Blinder Aktionismus – der reflexhafte Drang, in unsicheren oder stressigen Situationen zu handeln, ohne sorgfältige Überlegung – ist ein Phänomen, das viele von uns schon einmal erlebt oder beobachtet haben. Insbesondere in der Arbeitswelt können wir manchmal feststellen, dass Menschen mit Hektik und impulsiven Entscheidungen auf Herausforderungen reagieren, anstatt innezuhalten und zu reflektieren. Doch was steckt psychologisch hinter dieser Tendenz?

Psychologischen Zusammenhänge des blinden Aktionismus

Psychologischen Zusammenhänge des blinden Aktionismus

Das Bedürfnis nach Kontrolle und Orientierung

Jeder Mensch strebt nach einer inneren Balance und Sicherheit. In Zeiten von Stress oder Unsicherheit wird diese Balance gestört, was zu einem Gefühl der kognitiven Dissonanz führen kann. Menschen suchen dann instinktiv nach Wegen, um dieses Gleichgewicht wiederherzustellen.

Daher ist der Drang, aktiv zu werden und etwas zu tun – egal ob es sinnvoll ist oder nicht – oft eine Art Selbstschutzmechanismus. Das Handeln selbst gibt uns das Gefühl, die Kontrolle zurückzugewinnen, selbst wenn diese Kontrolle nur illusorisch ist.

Kognitive Kontrolle und der Wohlfühlraum

Wenn Menschen sich in einer unbekannten oder komplexen Situation befinden, neigen sie dazu, auf vertraute Strategien und Handlungen zurückzugreifen. Dieses Verhalten entsteht aus dem, was Psychologen als „kognitive Leichtigkeit“ bezeichnen. Wir suchen nach Lösungen, die uns bereits bekannt sind, und blenden dabei oft die tatsächliche Komplexität der Situation aus. Das Ergebnis ist eine Art „kognitiver Wohlfühlraum“, in dem wir uns sicher und kompetent fühlen, obwohl wir es vielleicht nicht sind.

Kognitive Verzerrung und Selbsttäuschung

Menschen sind nicht immer die rationalen Wesen, für die sie sich halten. Unser Denken und Handeln wird oft durch kognitive Verzerrungen beeinflusst. Beim blinden Aktionismus sind insbesondere zwei dieser Verzerrungen von Bedeutung:

  • Sunk Cost Fallacy: Menschen neigen dazu, an einer Entscheidung festzuhalten, weil sie bereits Ressourcen (Zeit, Geld, Energie) investiert haben, selbst wenn es rationaler wäre, diese Entscheidung zu überdenken.

  • Bestätigungsfehler: Wir suchen und interpretieren Informationen so, dass sie unsere bestehenden Überzeugungen oder Handlungen bestätigen.

Selbstüberschätzung und Inkompetenz

Interessanterweise neigen Menschen, die wenig über ein Thema wissen, dazu, ihre Fähigkeiten zu überschätzen. Dies ist als Dunning-Kruger-Effekt bekannt. Ohne ein tiefes Verständnis für ein Thema oder eine Aufgabe kann man nicht erkennen, was man nicht weiß. Das Ergebnis: Menschen handeln oft aus einer Position der Unwissenheit heraus, überzeugt von ihrer eigenen Kompetenz.

Was können wir tun?

Um blinden Aktionismus zu vermeiden, sollten Organisationen und Einzelpersonen das Bewusstsein für diese psychologischen Mechanismen fördern. Es ist wichtig, sich Zeit für Reflexion und Überprüfung zu nehmen, insbesondere in stressigen oder unsicheren Zeiten.

Ebenso kann die Einbindung verschiedener Perspektiven und Meinungen dazu beitragen, die kognitive Resonanz zu erhöhen und sicherzustellen, dass Entscheidungen gut durchdacht und informiert sind.

Abschließend sollte man immer den Mut haben, Entscheidungen zu hinterfragen und gegebenenfalls zu revidieren. In einer sich ständig verändernden Welt ist Flexibilität und Anpassungsfähigkeit oft wertvoller als Starrheit und Selbstsicherheit.