Innovation wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und somit auch ebenso unterschiedlich definiert. So fokussieren sich die meisten Definitionen im betriebswirtschaftlichen Kontext überwiegend auf:

  • Innovationen als Prozess, also eher auf organisatorische Innovationen, wie zum Beispiel der Supply Chain Innovation oder der IT basierten Prozessoptimierung.

  • Innovation als Weiterentwicklung des Geschäftsmodells.

  • Innovation allgemein als Grad der Weiterentwicklung, also handelt es sich um eine disruptive Innnovation, die die derzeitigen Spielregeln, Denkmuster und Routinen durchbrechen, oder handelt es sich eher inkrementelle Innovation, die im Sinne des Evolutionsprinzips als eine Weiterentwicklung des Bestehenden zu verstehen ist?

Das European Committee for Standardization, CEN, versucht die unterschiedlichen Aspekte des Begriffs Innovation in folgender Definition zu vereinen:

Innovation is „the implementation of a new or significantly improved product (good or service), or process, a new marketing method, or a new organizational method in business practices, workplace organization or external relations.“
CEN, 2013

Dimensionen einer Innovation

Trotz der Vielzahl unterschiedlicher Betrachtungsweisen von Innovation, können alle Formen der Innovation gemäß Prange und Schlegelmilch hinsichtlich drei unterschiedlicher Dimensionen eingeordnet und klassifiziert werden (Prange und Schlegelmilch (2018). Strategie, der Markt und die interne Organisation selber (diese Dimension wird im Folgenden als Change bezeichnet). Der Einfluss auf die jeweiligen Dimensionen hängt von der entsprechenden Innovation ab.

  • Die Strategie: Betrifft die Innovation eher die Frage nach der Implementierung als nach der Zukunft des Unternehmens? Handelt es sich also eher um eine Routine, oder um eine neue strategische Ausrichtung?
  • Der Markt: Formt die Innovation einen neuen Markt, ändert sich die Value Proposition für den Kunden, führt die Innovation zu einer neuen Wettbewerbssituation?
  • Die interne Organisation: Müssen durch die Innovation neue Ressourcen, Prozesse, Strukturen oder Fähigkeiten entwickelt oder weiterentwickelt werden?

Inkrementelle Innovation

Inkrementelle Innovationen sind solche, die sich eher durch Routinen innerhalb operativer Arbeitsabläufe ergeben. Dabei haben inkrementelle Innovationen einen nur geringen Einfluss auf den Markt, auf die Strategie und auch nur einen geringen Einfluss auf die interne Organisation. Ein klassisches Beispiel sind neue Produkte eines Lebensmittelkonzerns wie Nestle: Für eine neu entwickelte Schokolade benötigt der Konzern beispielsweise keine wesentlich neuen Prozesse oder Ressourcen, die einen großen Change Prozess erfordern.

Ebenso wird mit einem derartigen Produkt kein Markt grundlegend erweitert, oder gar ein neuer Markt erschlossen. Zudem handelt es sich mehr um eine unidimensionale Entscheidung als um eine multidimensionale. Der Fokus der Entscheidung liegt mehr auf der Umsetzung eben dieser Entscheidung, und hat somit einen eher zu vernachlässigen strategischen Systemcharakter.

Operative Innovation

Operative Innovationen wirken sich insbesondere auf die interne Organisation aus, weniger auf den Markt oder die Strategie. Diese Art der Innovation findet man vor allem häufig bei IT gestützter Prozessoptimierung. Ein altes, aber sehr anschauliches Beispiel für eine derartige Innovation ist der Pharmagroßhändler Fox-Meyer, der wegen einer fehlgeschlagenen ERP-Implementierung in die Insolvenz ging.

Ein wesentlicher Grund dafür war die rein technische Perspektive auf das Projekt und damit die Vernachlässigung von Mitarbeiterbeteiligung und Organisationskultur. Während das ERP-System die Prozesse im Lager automatisieren sollte, wurden die Mitarbeiter über ihre eigene Zukunft im Unklaren gelassen und daraus entwickelte sich ein hohes Maß an Angst und Frustration. Kündigungen, Krankschreibungen und Leistungsschwächen führten dazu, dass bestehende Aufträge nicht mehr ordnungsgemäß bearbeitet werden konnten. Entscheidend bei operativen Innovation ist somit das Erkennen der starken Einflüsse auf die Organisation und die damit verbundene Notwendigkeit von Change-Prozessen. So scheitern im Übrigen viele IT Projekte, insbesondere die Einführung von ERP-Systemen, weniger an der IT selber sondern viel mehr an der fehlenden Change-Perspektive.

Standard Setting Innovation

Der Typ Standard Setting Innovation hat zwar einen großen Einfluss auf den Markt, aber nur einen geringen auf Change Impact sowie nur einen geringen Einfluss auf die Strategie. Vorzufinden ist diese Form der Innovation häufig bei Patenten, die sich beispielsweise aus der operativen Tätigkeit der Forschung und Entwicklung ergeben können. So hielt der Pharmakonzern Abbvie das Patent für das gegen diverse entzündliche Immunerkrankungen eingesetzte Medikament Humira. Es gilt als das erfolgreichste Medikament der Welt. Durch den Ablauf des Patentschutzes im Jahr 2018. Der Markt für derartige Medikamente hat sich durch den Ablauf des Patentschutzes grundlegend geändert, da nun auch der Wettbewerb einsteigen konnte.

Strategische Innovation

Strategische Innovationen haben einen nur relativ geringen Markteinfluss, dafür aber einen relativen großen auf die Organisation selber und die Strategie. Als Beispiel können Carsharing Dienste genannt werden, wie beispielsweise DriveNow von BMW oder Car2Go von Mercedes. Die Organisationen sind insofern davon betroffen, da sie interne Strukturen und Prozesse unter anderem für Verwaltung, Marketing und IT aufbauen müssen.

Darüber hinaus erfordern solche strategische Innovationen auch ein kulturelles Umdenken in dem Sinne, dass Autos nicht mehr nur gekauft werden müssen. Auch wenn mit einem solchen Modell auch ein erweitertes Kundensegment angesprochen werden kann, so ändert es dennoch nur relativ wenig am eigentlich Produkt und dem eigentlichen Markt der Automobile (Wettbewerber bleiben weitestgehend gleich, das Automobil bleibt in seiner Technologie gleich).

Low-end Innovation

Während Innovationen in der Regel mit der Zielsetzung verbunden sind beispielsweise den Kundennutzen durch technologische Fortschritte zu erhöhen, zielt die Low-end Innovation auf Segmente der Zielgruppe ab, die noch überhaupt nicht bereit sind für die nächste Innovationsstufe einen höheren Preis zu zahlen. Ein Beispiel ist hierfür die Spielekonsole Nintendo Wii, mit „Casual Gamer“ adressiert wurden, während Microsoft und Sony mit ihren high-end Geräten die technologisch hochwertigsten, aber auch weit aus teureren Konsolen für die Zielgruppe der Video-Gamer entwickelt haben.

Nintendo hat also mit der strategischen Entscheidung eine Konsole zu entwickeln, die zwar aus technologischer Sicht nicht so weit entwickelt ist wie die Konkurrenzprodukte aber dafür deutlich kostengünstiger, einen neuen Market Value erschlossen. Nintendo hat damit sein Produktportfolio erweitert, womit diese Form der Innovationsentscheidung einen funktionalen Einfluss auf Ebene der Business Units hatte, und weniger einen Einfluss auf die gesamte Unternehmensstrategie. Dennoch war der Einfluss auf die interne Organisation insofern groß, als dass aufgrund der neuen Value Proposition innerhalb des Marktes neue Vertriebs- und Marketingstrategien entwickelt und durchgeführt werden mussten.

Industrie Innovation (stark disruptiver Charakter)

Bei dieser Form der Innovation ist der Einfluss auf die Strategie und auf den Markt sehr hoch, die Auswirkungen auf die interne Organisation selber sind allerdings eher gering. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Datei-Tauschbörse, die aufgrund seiner Peer-to-Peer Technologie die komplette Musikindustrie revolutioniert hat. Die vorhandene Technologie musste nicht aufwendig angepasst werden, und somit waren keine größeren Change Aktivitäten erforderlich. Allerdings erforderte das neue Geschäftsmodell mit Napster als Tauschbörse für Musik Anpassungen auf allen Strategieebenen.

Design Innovation

Der Typ Design Innovation hat nur einen relativ geringen Einfluss auf die interne Organisation, ebenso wie nur einen geringen Einfluss auf den Markt. Der strategische Einfluss ist dafür umso größer. Ein Beispiel hierfür ist die Übernahme der kleinen Craft Beer Brauerei Goose Island durch den Großkonzern Anheuser-Busch. Mit dieser Übernahme wurde kein neuer Markt erschlossen, noch wurden keine nennenswerten neue Marktanteile gewonnen oder sonstige disruptiven Veränderungen herbeigeführt. Ebenso ging mit dieser Übernahme keine Neu-Strukturierung des Konzern, bzw. keine grundlegende Neu-Strukturierung der internen Prozesse und Ressourcen einher. Vielmehr aber war diese Übernahme ein wichtiger strategischer Schritt um sich im Segment des zwar kleinen, aber dennoch wachsenden Craft Beer Segmentes für die Zukunft zu positionieren.

Paradigmen Innovation (stark disruptiver Charakter)

Der Typ der Paradigmen Innovation hat einen starken Einfluss sowohl auf den Markt, als auch auf die Strategie und die interne Organisation. Als Beispiel kann hierfür kann das 2007 von Apple eingeführte iPhone genannt werden. Zwar gab es bereits vor dem iPhone Smartphones, durch den Multi-Touch-Bildschirm, vor allem aber auch durch das veröffentlichte SDK für iOS, wurde der Smartphone Markt grundlegend revolutioniert.

Ebenso hat Apple auf diese Weise sein Produktportfolio entscheidend verändert, und somit eine strategische Neupositionierung erfordert. Einhergehend resultierte daraus ein interner Veränderungsdruck. So reichten schrittweise Optimierungen bestehender Prozesse und Ressourcen nicht mehr aus. Vielmehr mussten neue Strukturen unter anderem für Vertrieb, Produktion, Marketing und F&E aufgebaut werden, und auch neue strategische Partnerschaften waren notwendig. All das ging notwendiger Weise mit einer Anpassung und Erweiterung interner Strukturen und Prozesse einher.